Mittwoch, 29. November 2017

Novemberblues und der neue Wintermantel


Wie wahrscheinlich für die meisten von euch, gehört November sicherlich nicht zu meinen Lieblingsmonaten. Die Sonne geht früh unter, und an manchen Tagen habe ich das Gefühl, dass sie erst gar nicht aufgeht. Es wird nicht so richtig hell. Gemütlich finde ich November auch nicht. Die Weihnachtsstimmung ist noch nicht da, obwohl Lebkuchen beim Discounter schon seit August zu haben ist. Ich tendiere auch zu spät zu meiner Winteroberbekleidung wechseln, was dazu führt, dass ich die ganze Zeit friere.

Nähbloggertreff in Köln


Mitte November dieses Jahr war ich auf einer tollen Veranstaltung in Köln - auf dem Kölner Nähbloggertreff. Das war die erste Veranstaltung dieser Art, die ich besucht habe, auch teilweise aus dem Grund, weil mein Blog noch relativ neu ist. Ich habe mich im August angemeldet und als die Zeit gekommen ist, wusste ich nicht so recht, ob ich wirklich hin will. Ich bin doch hingefahren und die Entscheidung überhaupt nicht bereut. Das Wochenende wurde von A bis Z top organisiert, und war für mich sehr erlebnisreich. Ich habe viele interessante Gespräche geführt und viele tolle Leute getroffen. Ich fühle mich jetzt richtig in der Nähbloggerwelt angekommen, was mich weiter motiviert, hier zu posten.

Ich habe tolle Ideen und Inspirationen bekommen. Es gab sogar zwei Workshops. Einen über Materialkunde, oder wie man erkennt, woraus der eine oder andere Stoff besteht. Den Workshop haben zwei Expertinnen in dem Gebiet gegeben, Elke und Constanze. Der andere Workshop handelte vom richtigen Maßnehmen mit dem Profischneider Sebastian Hoofs. Obwohl ich in beiden Themen schon etwas Vorwissen hatte, fand ich beide Workshops für mich äußerst interessant. Auf dem Tauschmarkt habe ich die mir fehlenden Ausgaben von Schnittmustermagazins absolut kostenlos ergattert. Auch ein zuckersüßes Stück Jersey mit Nähmotiven, den Constanze nicht verarbeiten wollte, ich aber gerne, ist bei mir eingezogen. Und natürlich nochmal zu betonen: unersetzbare Kontakte. Alles in einem: es war toll und ich komme gerne wieder :)

Alfatex in Weiterstadt


Gestern habe ich erfahren, dass einer meiner Lieblingsstoffläden vor Ort zugemacht hat: die Alfatex-Filiale in Weiterstadt. Anfang November kam ein Newsletter, den ich natürlich nicht aufgemacht habe, und somit über die Schließung viel zu spät erfuhr. Es hat mich schon etwas erschlagen, weil ich den Laden ziemlich oft besucht habe und mit der Auswahl der Stoffe und Beratung sehr zufrieden war. In meinem nicht all zu kleinem Stofflager zuhause gibt es noch einige Alfatex-Stoffe, die auf ihre Verarbeitung warten. Zu meinem anderen Lieblingsladen “Das Stofflager” in Griesheim war Alfatex eine tolle Ergänzung. Was kann ich sagen… Marktwirtschaft halt...

Der Mantel


Ich glaube, jetzt ist genug Herbstblues… Es gibt eine gute Nachricht: ich habe wieder etwas genäht :). Und schon sogar fleißig getragen. Meinen Übergangsmantel.

Seit Jahren wollte ich mir einen Trenchcoat nähen. Ich habe sogar schon alles da: das Schnittmuster, die Stoffe, das passende Garn, sogar die Knöpfe und Schnallen. Die Menge der Arbeit hat mich aber immer abgeschreckt, und, natürlich, der Mangel an Erfahrung im Oberbekleidungssegment :) Als eine Art Auftakt zu meinem längst ersehnten Trenchcoat entstand dieser Mantel. In vielen Aspekten ein Debut für mich: das erste mal einen Mantel genäht, das erste mal einen Boucléstoff verarbeitet und das erste mal mit einem großen teils asymmetrischem Karomuster gearbeitet. Weil es diesmal so viel Neuland für mich war, habe ich mir den einen oder anderen Fehler erlaubt. Erstaunlicherweise waren es nicht so viele, vielleicht sogar weniger, als bei einem meiner normalen Projekte.

Zuerst waren da das Schnittmuster und der Stoff, sie haben ziemlich schnell zueinander gefunden. Ich habe die Burdastyle-Ausgabe von Dezember 2016 rausgeholt, um mir die Capes anzuschauen, die ich vorher im Internet gefunden habe. Und da war er, der Mantelschnitt, den ich unbedingt haben wollte. Unter der Rubrik “Brit Chic” in einem tollen Karostoff verarbeitet. Die Capes habe ich sofort vergessen und fing an, im Internet nach einem passenden Stoff zu suchen.

Normalerweise kaufe ich die Stoffe vor Ort. In meiner Nähe gibt es mehrere Geschäfte, die sehr viele Stoffe für jeden Geschmack anbieten. So eine Stoffgeschäftrunde tut mir sowieso immer gut. Wie wahrscheinlich viele von euch, kaufe ich sehr gerne Stoffe ein oder verbringe einfach ein bisschen Zeit in einem Stoffladen. Das ist ein guter Ausgleich für den Alltag. Es war Anfang September und es wurde schon ziemlich kühl draußen, trotzdem waren die Geschäfte immer noch im Sommermodus, voll mit Sommerbatist und Viskosejerseys. Kein Zeichen von Wolle.

Meinen Traumstoff habe ich bei stoffe.de gefunden. Ich arbeite mit solcher Farbe nicht oft, bin eher ein Rottonmensch. Dieser Stoff hat es mir aber sofort angetan. Ein Bouclé, der als Mantelstoff bezeichnet wurde, in schwarz mit strahlendem Türkiskaromuster. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass die Empfehlung von Burda für dieses Modell exakt nach diesem Stoff klang. Auf jedem Schnittteil ist die Position des Karos markiert, was die Musteranpassung erleichtert hat. Das Futter wurde auch direkt auf der Seite als farblich passend empfohlen und landete auch im Warenkorb. Von Neva Viscon Futter habe ich sowieso viel Gutes gehört: reine Viskose, lädt nicht statisch auf und ist vom Griff her etwas hochwertiger. Der Meterpreis des Futters lag auch höher als beim Oberstoff, was mein Vertrauen in dieses Futter weckte.

Es war mir ein Rätsel, wie ich den Oberstoff vor dem Zuschnitt vorbereiten soll. Nämlich, waschen oder nicht waschen? Wenn nicht waschen, dann was? Nach der Internetrecherche wurde ich etwas schlauer, aber auch nicht ganz. Die Empfehlungen den Stoff nicht zu waschen haben darauf basiert, dass der fertige Mantel auch nicht gewaschen werden soll. Also nur chemisch reinigen. Damit war ich nicht ganz einverstanden. Ich weiß nicht, ob ich irgendwann doch den Mantel selber waschen will. Ich habe alle offenen Kanten des Stoffes mit der Overlock versäubert und ihn in die Maschine in der Stufe “Seide/Wolle” 30% geschmissen. Es hat dem Stoff nicht geschadet. Zusätzlich habe ich das ganze Stück durch ein nasses Tuch von links gebügelt. Falls er irgendwann einläuft, werde ich sauer. Ich habe alles Mögliche getan. Bei so einem Mantelvelours hätte ich vielleicht auf das Waschen verzichtet, und nur mit Dampf gebügelt. So einen Mantel würde ich auch nicht in der Maschine waschen wollen. Aber ein Wollbouclé kann viel ab.

Der Zuschnitt hat zweieinhalb Tage gedauert. Bei der Musteranpassung habe ich einige Fehler gemacht, und, obwohl ich reichlich Stoff hatte, hat er mir für ein kleines Stück am Kragen nicht gereicht. Ich habe noch 50 cm nachbestellen müssen. Der Stoff war nicht teuer, und es war sogar eine versandkostenfreie Aktion von stoffe.de, deswegen ging das problemlos. Wenn man so große Karos anpassen muss, arbeitet man lieber einlagig. Es sind insgesamt 28 Teile, die nur aus dem Oberstoff ausgeschnitten werden mussten. Das ist aber nicht alles, was den Zuschnitt so unglaublich lange und konzentrationsbedürftig gemacht hat. Weil der Stoff aus sehr losen dicken Faden besteht, franst er enorm aus. Ich habe vor dem Zuschnitt alle Nahtzugaben mit Schrägstreifen dünner Vlieseline beklebt. Die ganze vordere Seite wurde komplett mit H 410 beklebt, so ist es auch von Burda empfohlen. Das heißt, ich habe die Vlieseline an den Stoff gesteckt, grob mit Rand ausgeschnitten, aufs Bügelbrett gelegt, gebügelt, dann noch mal am Rand ausgeschnitten, und das 28 mal :) Das war das Schwerste. Gefranst, gefusselt und gestaubt hat der Stoff trotzdem, aber ich denke, weniger, als wenn er unbearbeitet geblieben wäre.

Ich habe im Endeffekt beim fertigen Mantel jede Naht innen auch noch mal mit der Overlock versäubert. Sicher ist sicher. Das Futter ist auch innen versäubert. Die Entscheidung habe ich getroffen, nachdem ich zwei von meinen gekauften Mäntel abgetastet habe und entdeckte, dass bei einem die Futternahtzugaben auch versäubert sind.

Am Schnittmuster habe ich nichts geändert. Mir war von Anfang an klar, dass ich ein Probestück nähen müsste, wenn ich bei dem Modell und Stoff irgendwelche Änderungen hätte machen wollen. Weder Bouclé noch Karo erlauben solche Freiheiten. Ich habe entschieden, dass ein Mantel sowieso nicht so körpernah sein muss, deswegen braucht er auch nicht so viel Anpassung wie z.B. ein Etuikleid oder eine Hose.

Die Schwierigkeit von so einem Mantel ist, dass der Stoff ordentlich dicker ist als gewohnt. Aus unzähligen Nähkursen, die ich online erworben habe, Büchern, Blogs und frei verfügbaren Videos wusste ich schon seit langem, was man mit dicken Stoffen so macht. Mit Nahtzugaben, Ecken, Abnähern usw. geht man etwas anders um: man schneidet alles weg, was zusätzliche Dicke bringen kann. Ich kann nur sagen, dass 4-5 Lagen von so einem Stoff nicht mehr unter den Nähfuss meiner Nähmaschine passen. Erfahrungswert :) Die Nähte an dem Oberstoff sind alle auseinandergebügelt. Bouclé ist ein sehr plastischer Stoff, deswegen mussten die NZ nicht so eng an den Rundungen abgeschnitten werden. Ich hatte sowieso Angst, zu dicht an die Naht zu schneiden, weil der Stoff so sehr franst. An der einen oder anderen Stelle habe ich mich für die Dicke und gegen das Risiko entschieden. Eine professionelle Schneiderin hätte da bestimmt mehr abgeschnitten. Aber was soll ich dann mit einer auseinander gefallenen Ecke? Lieber mit dem Bügeleisen plattbügeln.

Das Bügeln ist natürlich ein Thema für sich. Der Stoff hat sich ziemlich gut bügeln und formen lassen. Ich habe die kniffligen Stellen mit einem Holzbrettchen plattgedrückt, so wie ich es in Couturevideos gesehen und in Foren gelesen habe. Ich habe auch durch ein nasses Mulltuch von links gebügelt, um die Struktur des Stoffes von rechts nicht plattzudrücken. Auch hier habe ich hier und da etwas mehr plattgedrückt als es nötig war, mangels Erfahrung.

Die Säume sind komplett von Hand angenäht. Ich habe eine Diskussion auf Facebook angeleitet, in der sich zahlreiche Leute mit Vorschlägen meldeten, wie man es mit der Maschine macht. Ich denke, Burda empfiehlt nicht umsonst, es von Hand zu machen. Ich kann mir auch kaum vorstellen, diesen schweren Stoff durch die Öffnung in dem dünnen Futter durchzuziehen. Sicher ist sicher. Ich nähe sowieso viel zu wenig von Hand :)

Die Knopflöcher, die meine Maschine auf diesem Stoff gemacht hat, sahen furchtbar aus. Sie wollte ihn von rechts gar nicht transportieren, und nachdem ich oben und unten mit dem Stickvlies unterlegt habe, ging das halbwegs, sah aber ziemlich schlecht aus. Auch von diesem Problem habe ich schon gehört, und es empfiehlt sich, an so einem Stoff die Knopflöcher von Hand zu bearbeiten. Sie sehen besser aus und halten besser.

Da ich noch nie die Knopflöcher von Hand bearbeitet habe, musste ich erstmal üben. Der 50-ger Knopflochgarn hat sich als zu dünn erwiesen, ich habe den Zierstichgarn von Güttermann verwendet. Zum Glück ist die schwarze Farbe nicht schwer zu bekommen. Auch hier habe ich die richtige Technik im Internet und in den Videos zum Buch “Couture Cardigan Jacket” von Claire Schaeffer abgeschaut. Die ersten Knopflöcher sahen schlecht aus, sie wurden aber immer besser. Ich habe insgesamt ca. 10 Probeknopflöcher genäht.

Den Knopflochbereich habe ich mit einer wasserlöslichen aber nicht selbstklebenden Stickvlieseline belegt und mit Handstichen fixiert. Danach habe ich das Knopfloch mit einem Stift markiert und den Bereich mit einem mit der Maschine genähtem Rechteck fixiert. Dieses Rechteck ist auch eine gute Markierung für die Handstiche. Ohne Vlieseline ist schwarz auf schwarz kaum sichtbar, außerdem franst der Stoff sehr stark aus, so dass ein perfektes Nahtbild kaum möglich ist. Ich habe das Knopfloch an der Markierung ausgeschnitten und die Schnittkante sofort mit einem Bastelleim bearbeitet, den ich mit einem Zahnstocher aufgetragen und verteilt habe. Das Garn habe ich mit einem Bienenwachs gewachst. Diese beiden Tricks habe ich aus dem Buch “Couture Cardigan Jacket” gelernt. Das Nähen habe ich aber anders gemacht: ich habe die Nadel nicht von hinten, sondern von vorne reingestochen. Aus den Probeversuchen hat sich diese Vorgehensweise als akkurateste erwiesen. Nach dem ich mit dem Handnähen fertig war, habe ich die Vlieseline rausgerissen und die Reste mit einem nassen Tuch abgetupft. Ich bin mit dem äußeren Erscheinen der Knopflöcher sehr zufrieden. Der Wachs macht sie etwas steif, aber wahrscheinlich auch robust.

Ich bin sehr froh, dass ich mit diesem Projekt nun endlich fertig bin. Es hat für viel Unordnung in meinem Schlafzimmer gesorgt, abgesehen von der Staubsaugaktion, die ich mehrmals am Tag durchführen musste. Der Staub lag überall rum und manchmal hatte ich den Eindruck, dass ich nur diesen Staub einatme.

Die Farbe kam in meiner Bekanntschaft sehr gut an. Etwas frisches, winterliches… Bouclé ist momentan total angesagt, und ich träume schon seit einiger Zeit, oder seit dem Kauf des Buchs von Claire Schaeffer von einem Chanel-couture-Jacket. Aber vielleicht erstmal ein kleines Projekt zur Entspannung…

Schnitt: Burda Style 12/2016, mod. 102, genäht in Größe 40
Stoff: Mantelstoff Boucle in schwarz-türkis und Futterstoff Neva Viscon in türkis, beide von stoffe.de
Fotos: meine

Ich glaube, dass ich mit meinem Mantel bei heutigem MMM etwas aus der Reihe tanze. Alle nähen schon ihre Weihnachtsoutfits und Geschenke. Ich würde auch gerne bei so einem Sew Along teilnehmen, nur, so wie ich mich kenne, werde ich am Ende immer noch viertel vor fertig...